TOGETHER independent: Nord Verlag

Foto: Angela Blumen

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9 Fragen an: Camilla Zuleger vom Nord Verlag

Lang lebe die Naivität! Als Camilla Zuleger ihr Literaturstudium in Kopenhagen abschloss, fasste sie kurzer Hand den Entschluss, einen eigenen Verlag zu gründen. “Warum denn eigentlich nicht?” Mit ihrem Nord Verlag bringt Camilla junge skandinavische Literatur nach Deutschland. Wie sie das von Dänemark aus mithilfe von Instagram anstellt, erzählt uns die Verlegerin im ALMOST-Interview.

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Wer bist du und worum geht es beim Nord Verlag?

Ich bin gebürtige Kopenhagenerin mit dem immerwährenden Drang, meinen Horizont zu erweitern. Schon früh war mir die Welt in der winzigen dänischen Hauptstadt zu klein, weshalb es mich nach Berlin zog, wo ich Deutsch lernte. Inzwischen wohne ich gemeinsam mit meinem (deutschen) Freund wieder in Kopenhagen und verlege junge skandinavische Literatur für den deutschen Buchmarkt. 


Wie bist du auf die Idee gekommen, deinen eigenen Verlag zu gründen?

Es schien mir damals ganz einfach die einzige Option. Nach der Uni hatte ich einfach keinen Bock, durch viele Runden unbezahlte Praktika zu gehen, um am Ende 20 Diätbücher und einen Gedichtband im Jahr zu verlegen. Außerdem war ich auch noch so naiv, dass ich einfach dachte, warum denn eigentlich nicht? 

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Ich habe Literatur studiert und wollte anschließend mit Büchern arbeiten. Für die dänische Literaturbranche fehlte mir allerdings die Energie – hierzulande ist es viel zu schwierig, von Literatur allein leben zu können. 2016 gründete ich dann den Nord Verlag mit der Idee, meine Lieblingsbücher übersetzt nach Deutschland zu bringen. Ich mag es, Dinge aus dem Nichts aufzubauen, aber alleine ist das manchmal gar nicht so leicht.

Mittlerweile habe ich insgesamt vier Bücher in Deutschland herausgegeben, zwei Titel aus Norwegen, zwei aus Dänemark. Die Bücher könnten unterschiedlicher kaum sein, aber sie alle haben gemeinsam, dass sie ihr Genre neu definieren, einen alternativen Weg zur klassischen Literatur aufzeigen und in ihrem Heimatland für große Aufmerksamkeit gesorgt haben. 

Wen möchtest du mit den Büchern aus dem Nord Verlag erreichen?

Ich möchte all diejenige ansprechen, die nicht dem Mainstream folgen. Meine Bücher sind keine Spiegel-Bestseller, aber sie haben trotzdem einen Platz in der Welt verdient. Meiner Meinung nach repräsentiert die Krimi-Welle das Schlimmste aus dem Norden; ich will das Beste zeigen. Meine Motivation ist es, Sachen neu zu denken und Inhalte in einem schönen Design zu präsentieren. Bücher sind ein altes Medium, aber man darf ruhig sehen, dass ein Buch aus dem Jahr 2020 stammt. 

Meine Zielgruppe liebt Bücher, nicht nur weil sie gern liest, sondern weil Bücher in jedes gute Zuhause gehören. Bücher bedeuten Wohlsein und sind unabdingbar für tolle Instagram-Posts. Mal ehrlich: Wer mag denn kein gutes #shelfie? 

Welche Rolle spielt deine Community für den Verlag und deinen persönlichen Arbeitsalltag?

Die Hauptrolle! Ohne ein Publikum wäre ich nirgendwo. Die Leser*innen sind der Grund, warum Buchhandlungen überhaupt von mir gehört haben, und der einzige Grund, aus dem ich immer noch Lust habe, Bücher zu verlegen. Mit dem Verlag verdiene ich kein großes Geld, ganz im Gegenteil. Aber jedes Mal, wenn ich positive Kommentare, Nachrichten oder Posts sehe, in denen meine Bücher gezeigt werden, fühle ich eine enorme Bestätigung. Ich halte es für ein großes Privileg, Bücher machen zu dürfen, die Menschen lesen, anstatt Netflix zu gucken. Ich kann immer noch nicht ganz fassen, dass das wirklich passiert. 

Warst du jemals in einem großen Konzern o.ä. angestellt? 

Der Nord Verlag ist finanziell unabhängig, da ich nebenbei Geld in einer Agentur verdiene und keine Miete für ein Büro ausgebe. Ich arbeite hauptberuflich im Bereich Marketing, Kommunikation, Branding und Copywriting. Das sind praktischerweise alles Fähigkeiten, die man in einem Verlag auch sehr gut gebrauchen kann.


Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Um 9 Uhr fahre ich ins Büro zu meinem Job in der Agentur. Davor habe ich die wichtigsten E-mails für den Verlag beantwortet, damit ich mich auf meine eigentliche Arbeit konzentrieren kann. Das klappt nicht immer, weil manches nicht warten kann. Manchmal bin auch ich es, die nicht warten kann – vor lauter Begeisterung. Abends, nach meiner Arbeit, erstelle ich Content für den Instagram-Kanal des Nord Verlag, schreibe unseren Newsletter und versuche, so gut es geht, Bücher zu verkaufen. 

Foto: Camilla Zuleger

Foto: Camilla Zuleger

Worauf bist du besonders stolz?

Darauf, dass es den Verlag immer noch gibt! Und darauf, dass ich es tatsächlich geschafft habe, mir etwas eigenes aufzubauen. Es mag sein, dass der Verlag nicht groß ist, aber die Bücher verkaufen sich – so gut, dass ich tatsächlich mein investiertes Geld zurückbekomme. Außerdem bin ich stolz darauf, dass ich bewiesen habe, dass man es nicht unbedingt so machen muss wie die Großen – es gibt tausende alternative Wege, wenn man etwas wirklich will. 


Was bedeutet independent für dich? 

Independent bedeutet für mich, dass ich mich nicht rechtfertigen muss. Es kann manchmal schwierig sein, genug Stunden in einer Woche für all die Arbeit zu finden. Aber ich lerne langsam, dass ich nicht alles kann und nicht alles schaffen muss. Das ist okay, ich habe es nicht eilig. Meine Unabhängigkeit gibt mir die Freiheit, weiterzumachen, ohne krank zu werden. Aber das bedeutet auch, dass mir die Arbeit Spaß machen muss. Wenn es mir eines Tages nicht mehr gefällt, Bücher zu machen, wenn sich das ganze plötzlich wie Arbeit anfühlt – und ich immer noch nicht davon leben kann – dann höre ich auf. 


Welches andere Independent-Label kannst du uns empfehlen?


Maja Brixmeine Lieblings-Designerin in Dänemark. Wenn ich es mir leisten könnte, hätte ich alles von ihr. 

Vølveeine dänische Bio-Marke, die ich erst seit kurzem kenne. Sie machen alles per Hand, und ich liebe die Seife (und das Design!) 

Vestojman muss ja nicht immer nur Bücher lesen… Vestoj ist ein Modemagazin, done right. 

Nordisk Booksein Verlag aus UK, der tatsächlich das gleiche macht wie ich – und das wirklich gut. Ich finde es spannend zu beobachten, wie sehr der persönliche Geschmack ein Verlagsprogramm beeinflusst. 


Danke für das Interview!

 

Vielen Dank an BookBeat, die dieses Interview gesponsored haben und uns dabei unterstützen, TOGETHER independent möglich zu machen.

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